Vom Schreiben

Monika Felten versorgt mich zeitweise mit interessanten Artikeln (Vielen Dank!), die ihr für das Memorial passend erscheinen. Diesmal handelt es sich um Schreiben – das unbekannte Geschäft (Link exisitert leider nicht mehr, 2014), verfasst von, den von mir sehr geschätzten, Peter Röntgen. Dennoch teile ich seine Meinung nicht vollständig. Sein Schlusssatz lautet:

»Schreiben lernt man nicht im stillen Kämmerlein, sondern in Diskussionen, Foren, in Büchern über das Schreiben. Dadurch, dass man über eigene Texte redet, sie korrigiert, verbessert.«

Das Schreiben wird nicht erlernt, das möchte ich hinzufügen, in dem der willige Autor von einer Schreibparty zur anderen tanzt und dabei ständig neue, oftmals widersprüchliche Tipps erhält, aus denen er herausfiltern muss, welche Ratschläge auf seinen Text zutreffen und dabei vollkommene Verwirrung erlangt.

Kritik und Tipps können – falsch verstanden oder angewandt – auch lähmend sein. Ferner muss klargestellt werden, dass Bestsellerautor A den Ratschlag von Bestsellerautorin C für am Thema vorbei erachtet. Und Bestsellerautor B sowieso einen Tipp präsentiert, den wiederum Mrs X, eine Diplom-Germanistin, als stilistischer Fauxpas bezeichnet. Und wenn A, B, C, X und E bis F die Geschichte gelesen, daran herumgewerkelt und kritisiert haben, könnte es sein, dass nach jeder Änderung von den erwähnten Damen und Herren A bis F und X die Korrektur wieder bei A beginnt.
Das soll keinesfalls bedeuten, die geschriebenen Texte nicht redigiert an Verlage zu schicken. NEIN!

Es gibt bestimmte Regeln, die beim Schreiben gelten. Es ist wichtig diese zu erlernen, natürlich. Doch niemand kennt das Patentrezept für einen Bestseller.

Zwei Beispiele:
Dan Browns Stil liegt eher in der Mittelklasse, seine Romane beherbergen unzählige, logische Fehler. Und dennoch sind seine Werke Bestseller.

Patrick Süskind schreibt herausragend, doch schreibt er nicht mehr – zumindest nicht wissentlich unter seinem Namen. Möglicherweise, weil er sich keine Fehler erlauben möchte und die Kritiken ihn in eine tiefe Krise stürzten, wie seine Protagonistin aus der Story »Der Zwang der Tiefe«?

Erlerne ich die Regeln und das Handwerk eines Autors allein in Foren und Schreibkursen oder aus Sekundärliteratur, die sich mit diesem Thema befassen?
Dies zu glauben könnte ein Trugschluss sein. Schreiben lässt sich sehr wohl im stillen Kämmerlein erlernen. Schreiben lässt sich erlernen, so wie Fußball spielen, kochen oder stricken. Sicherlich mag der ein oder andere über mehr Talent, Ausdauer und einen umfassenden Wortschatz verfügen. Es mag auch Autoren geben, denen die Geschichten perfekt formuliert in den Schoss fallen.

Doch Schreiben lernt nur, wer schreibt und schreibt, liest und liest, schreibt, analysiert und weiter schreibt, die Texte überarbeitet, immer und immer wieder an seinen Geschichten arbeitet – nicht an einer einzigen, sondern indem er weiter schreibt.

Ein guter Liebhaber wird auch nicht derjenige, der auf der Bettkante sitzt und praktikable Stellungen bespricht.

Es reicht nicht, ständig über das Schreiben zu diskutieren und dabei das Schreiben zu vergessen. Wichtig ist, niemals aufzugeben und – wie der im oben erwähnten Artikel mehrmals genannte Andreas Eschbach gern sagt – Biss zu zeigen; Ausdauer und Lernfähigkeit sind unerlässlich, ebenso sich selbst und seinem Text kritisch gegenüberzustehen. Dennoch reicht es nicht, in Foren zu verweilen und auf die Anleitung zum Bestseller zu hoffen. Denn das ist – dauerhaft praktiziert – verschwendete Zeit. Jemanden zu finden, der sprachlich begabt ist – ein guter Lektor zum Beispiel – mit dem wir an unseren Texten arbeiten können, ist sicherlich nicht leicht. Und auch er wird nicht über die einzig richtige Rezeptur zum Erfolg verfügen, aber diese gemeinsame Arbeit wiegt mehr. Auch der Austausch mit anderen Autoren, die einige Stufen höher stehen als wir selbst, halte ich für hilfreich. Das muss nicht gleich ein Forum oder eine Schreibwerkstatt sein und schon gar nicht ein Stammtisch. Es kann genauso gut im stillen Kämmerlein per Telefon oder über E-Mail stattfinden.

An sich selbst und an seinen Texten arbeiten, Wissen filtern und von einzelnen Menschen, Büchern, aus der Literatur lernen, halte ich für sinnvoller, als seine Texte in Foren oder Schreibkursen zerreißen zu lassen, in denen zu viele Meinungen, basierend auf unterschiedliches Fachwissen, aufeinanderprallen.

Und? Wer hat nun Recht? Peter Röntgen oder ich?

Findet den für euch richtigen Weg!

Aber beachtet, es gibt nur wenig Bestsellerautoren, die nicht im stillen Kämmerlein arbeiten. Denn das Leben eines Autors ist ein einsamer Job und nur so ist er in der Lage Geschichten zu erfinden … und an diesen zu arbeiten.

Es gäbe noch viel zum Thema zu schreiben, aber es soll an dieser Stelle Schluss sein. Vielmehr hier noch einige Bücher, die das Handwerk vertiefen, zu lesen in aller Ruhe, um sich Zeit für Notizen zu nehmen. Aber auch hier gilt: Viele Tipps sind hilfreich, aber nicht alle Ratschläge lassen sich befolgen, zumal jeder Autor von einem anderen Erfolgsrezept zu erzählen weiß. Nur in einem sind sie sich einig: Schreiben lernt man durch Schreiben!

Stephen King »Das Leben und das Schreiben«
Elizabeth George »Wort für Wort«
Ray Bradbury »Zen in der Kunst des Schreibens«
James N. Frey, der in seinem 2 Band »Wie man einen verdammt guten Romans schreibt«, ein paar Tipps aus seinem ersten Band revidiert.
Sol Stein »Über das Schreiben« und »Aufzucht und Pflege eines Romans«

Für die Sprache:

Bastian Sick »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« Folge 1- 3

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.